Ansichten eines Gangos

Weshalb ein Backstage-All-Access-Pass nicht alles ist

Auch das habe ich gewusst, auch das war ein Teil der Bedingungen. Alles dreht sich nur um den Gipfelstürmer. Und diesem Diktat unterwerfe ich mich selbstverständlich getreulichst. Ich bin Staffage, habe sozusagen einen Backstage-All-Access-Pass, worauf ich genau so stolz bin, wie auf meinen letztjährigen Blick-Online-Fotografen-Badge am JazzNoJazz...

Ich lobe und bewundere den Velofahrer gebührend. Ich schenke ihm meine ganze Aufmerksamkeit. Ich nehme es kommentarlos auf mich, wenn wir wegen Kartenfalschlesens nicht zur Stelle sind und uns verfahren haben. Wenn das Strampeltier (Gruss v. D.K.67) kalte Füsse hat, darf er sich auf dem Beifahrersitz ausruhen. Auf dem Gipfel hetze ich aus dem Honda, suche das Schild auf der Passhöhe, fotografiere es für die Statistik, hechte zum Auto zurück, helfe beim Umkleiden, steige wieder in das Begleitfahrzeug und sofort gehts hinter dem Velofahrer (am Rad!) weiter den Berg hinunter. Nur keine besinnlichen Momente auf dem Gipfel. Im Hotel auch nicht, da wird geduscht und Fern gesehen. Ich darf danach auch, ich habe einen All-Access-Pass.

 

Auch keine Romantik an den Ruhetagen. Da fährt unser Radgenie mit dem Directeur mit dem Bähnli den Hoger hinauf. Oder ich chauffiere ihn im Honda-Automaten (dabei bin ich eine leidenschaftliche Fünfgang - mit Rückwärtsgang - Alfa- und Peugeotfahrerin) durch wild romantische Gegenden. Wir halten an den Aussichtspunkten. Machen zwei, drei Schritte vom Auto weg, schiessen zwei, drei Fotos, schlendern gemütlich zum Auto zurück, fahren ein paar hundert Meter weiter, wiederholen das Aussteigen, Fotografieren, Einsteigen und Abfahren. Nur keine unnötigen Bewegungen. Die sind, scheints, schädlich für die Beine des Fahrers und dessen Moral. Derweil kribbelts und krabbelts in meinen Beinen und Füssen und meine Moral tanzt Boogaloo. Ich komme mir vor wie auf einer Butterfahrt. Ich setze den Siegfahrer kurzerhand auf einen mit Moos gepolsterten Stein und steige alleine das Tal hinunter. Wenigstens ein paar Schritte vom Weg ab.

 

Während dem ich so täglich ein paar Mal aus der mir zugedachten Rolle ausbreche, gibt es andere, die schon gar nicht bereit sind, sich dem Diktat des Directeurs oder des Siegfahrers auch nur ansatzweise zu unterwerfen. Mir ist schon klar, warum es an den Fahrtagen immer regnet. André behauptet zwar, er habe dem Iseran den nötigen Respekt erwiesen. Nur, das hat er wohl doch nicht, denn wer sich auf dem Gipfel keine Zeit nimmt, sich in die grossartige Landschaft einzufügen, sich winzig klein zu fühlen und dankbar ist, dass er überhaupt seinen Fuss da rauf setzen darf, der muss, scheints, andersherum spüren, wo der Bartli den Most holt. Und das sage ich bestimmt nicht nur darum, weil ich selber gerne länger auf den Gipfeln verweilen würde. Im Fall!